28. März 2018

Goldman Sachs oder Government Sachs?

Jörg Kukies
Die Drehtür dreht sich voller Schwung. Gerade hat der Europäische Ombudsman die Kommission für ihre Entscheidung kritisiert, ihren ehemaligen Präsidenten José Manuel Barroso gegen dessen bloßes Versprechen, auf Lobbyaktivitäten zu verzichten, zu Goldman Sachs gehen zu lassen; da beschert der neue Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen neuen Fall aus dieser Kategorie. Barroso hatte vor Antritt seines Direktorenpostens bei Goldman Sachs vor etwa einem Jahr hoch und heilig versichert, er werde sich in „keinerlei Lobbyaktivität bei den europäischen Institutionen im Auftrag von Goldman Sachs engagieren“. Doch Ende letzten Jahres traf sich Barroso mit dem Vizepräsidenten der Kommission, Jyrki Katainen, um Fragen des Handels und der Rüstung zu diskutieren. Die EU-Ombudsstelle sorgt sich jetzt zu Recht, dass der frühere Kommissionspräsident seinen ehemaligen Status und seine Kontakte zu früheren Kollegen nutzt, „um Türen zu öffnen, Einfluss auszuüben und Informationen zu bekommen“.


Dass der Drehtüreffekt auch in der anderen Richtung funktioniert, belegt jetzt die Entscheidung von Scholz, den ehemaligen Deutschlandchef von Goldman Sachs, Jörg Kukies, zum beamteten Staatssekretär im Bundesfinanzministerium zu machen. Obwohl SPD-Mitglied und Vorgänger von Andrea Nahles als Juso-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz, gilt Kukies als Goldman-Sachs-Mann durch und durch, wie der Berliner Tagesspiegel berichtete: „Schon bald nach seinem mit dem McCloy-Edelstipendium finanzierten Master-Studium in Harvard und seiner Promotion an der Universität Chicago heuerte er bei der so einflussreichen wie berüchtigten Investmentbank an. Seit 2001 kümmerte er sich in den Niederlassungen London und Frankfurt nicht zuletzt um strukturierte Produkte, also jene Finanzinstrumente, die zum Auslöser der weltweiten Finanzkrise wurden. Auch Goldman-Sachs-Produkte waren darunter, wie die Schrottpapiere mit faulen Krediten, die kurz vor dem Platzen der US-Immobilienblase 2007 an die deutsche Mittelstandsbank IKB verkauft wurden.“

Kukies war seit Ende 2014 Ko-Chef der deutschen Niederlassung von Goldman Sachs und kümmerte sich dort u.a. um die Digitalisierung des Bankgeschäfts. Mit seinem Wechsel ins Bundesfinanzministerium tritt er in die Fußstapfen von drei US-Finanzministern: Robert Rubin (unter Clinton), Henry Paulson (unter George W. Bush) und Steven Mnuchin (unter Trump) hatten vorher alle hohe Positionen bei Goldman Sachs, letzterer war allerdings zwischen der Bank und der Regierung einige Zeit selbständig. Kein Wunder, dass Goldman Sachs in den USA auch den Spitznamen „Government Sachs“ trägt. Auch EZB-Chef Mario Draghi war einmal Goldman-Sachs-Manager.

Die Ernennung von Jörg Kukies mag den SPD-Wirtschaftsleuten gefallen, die ihn für einen „ausgewiesenen internationalen Fachmann“ halten. Für die vielbeschworene „Erneuerung“ der SPD bedeutet die Personalie allerdings einen Bärendienst.

Keine Kommentare: